Jennifer Knapp Wilkinson aus dem US-Bundesstaat Missouri hat vor fünf Jahren auf unfreiwillige und unrühmliche Weise Bekanntheit erlangt. Die damals 34-jährige übergewichtige Frau fährt mit einem Elektromobil in den Supermarkt Walmart, um für ihre Familie einzukaufen. Bei dem Versuch eine Palette Softdrinks in den Korb zu laden, verliert sie das Gleichgewicht und kippt mitsamt dem Scooter zur Seite.
"Ich meinte, Blitzlicht zu sehen und eine paar Mädchen kichern zu hören", erinnert sich die zweifache Mutter. "Ich dachte mir nichts dabei, denn ich bin es gewohnt, dass sich Leute über mich lustig machen und tuscheln." Doch was Jennifer nicht weiß: Das Foto, das die lachenden jungen Frauen hinter ihr geschossen haben, landet im Internet auf einer Seite, auf der man sich noch über weitere Walmart-Kunden lustig macht. Doch besonders unter Jennifers Bild häufen sich gemeine Kommentare und es verbreitet sich im ganzen Netz. Nur durch Zufall stolpert die Amerikanerin über das Foto von sich - und ist am Boden zerstört. Vier Jahre später ergreift sie jedoch das Wort:
"Das Schlimmste ist, dass die Leute meinen, eine fette Frau sei mit dem Elektromobil umgekippt, weil sie zu faul war aufzustehen, um sich die Softdrinks zu holen", schreibt die 39-Jährige in einem Blogeintrag. "Aber ich habe eine Erkrankung der Wirbelsäule namens Spondylolisthesis, bei der einer der Wirbel nach vorne gleitet. In meinem Fall werden meine Beine taub und schwach, je länger ich stehe. Ich bin aufgrund dessen in der Vergangenheit oft hingefallen. Auch an diesem Tag hatte ich starke Schmerzen, fühlte mich schwach und nahm deshalb das Elektromobil zum Einkaufen.
Ich bin zudem sehr übergewichtig, was bei meinem Rückenproblem nicht gerade förderlich ist. Essen war für mich immer ein Weg, um mit meinen Depressionen und Angstzuständen klarzukommen. Ich kämpfe täglich mit meinem Gewicht und bin kürzlich einem Fitnessstudio beigetreten. Aber es bleibt ein Kampf. Ich teile diese Worte deshalb, weil Leute es lustig finden, über Menschen mit Behinderungen zu lachen. Man kann meine Behinderungen nicht sehen, aber sie sind da. Also wenn ihr nächstes Mal Fotos seht, bei denen man sich über Menschen lustig macht, denkt daran, dass ihr nichts darüber wisst, mit was für Schwierigkeiten diese Menschen jeden Tag zu kämpfen haben. Es ist niemals harmlos, über andere zu lachen.
Ich habe es mir nicht ausgesucht, auf einem Tiefpunkt meines Lebens fotografiert zu werden. Dass Leute annehmen, ich sei fett, weil ich faul bin, ist falsch. Übergewichtige Menschen werden nicht als Menschen behandelt, sondern als etwas, worüber man sich lustig machen kann. Ich möchte kein Mitleid und ich will keineswegs Fettleibigkeit herunterspielen. Ich möchte nur als Mensch verstanden und akzeptiert werden."
Nach fünf Jahren hat die Amerikanerin ihr Schweigen gebrochen. Ihre Worte regen zum Nachdenken an: Wie schnell wir Leute verurteilen, über die wir gar nichts wissen. Und wie schnell ein vermeintlicher Scherz Menschen tief verletzen kann. Jennifers Offenheit kann vielleicht ein klein wenig dazu beitragen, mehr Respekt im Umgang mit unseren Mitmenschen an den Tag zu legen.
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